The Avant Garde Project is a series of recordings of 20th-century classical, experimental, and electroacoustic music digitized from LPs whose music has in most cases never been released on CD, and so is effectively inaccessible to the vast majority of music listeners today.
The analog rig used to extract the sound from the grooves is near state-of-the-art, producing almost none of the tracking distortion or surface noise normally associated with LPs.
The AGP archive is a repository for AGP installments, the files of which can be downloaded from this website. Looking for a specific composer? Try our alphabetical index.
NOTE: To the best of my knowledge, all of the recordings on this site are currently out of print. If you know otherwise, please let me know ASAP, as I would not want any artists to be deprived of the royalties they so richly deserve. Please see the AGP copyright policy for further information.
lou@avantgardeproject.org
Tuesday, October 29, 2013
Monday, August 12, 2013
Schlag nach bei Shakespeare
Bill Ramsey + Gus Backus: "Schlag nach bei Shakespeare" (1963)
Der Text ist zwar gekürzt, aber die wesentliche Botschaft wird hinreissend ironisch übermittelt:Die Alternative wäre eine vollständige Textversion, im Rahmen einer TV Show von 1988, mit dem unvermeidlichen Harald Juhnke und Wolfgang Völz
Dieser Post ist natürlich eine unverschämt unverblümte Werbung für den aktuellsten Beitrag zur Kammermusikkammer, dem Hörbuch "William Shakespeare: Leitstern, der verirrte Schiffe lenkt", mit seinen schönsten Sonetten, vorgetragen im poetischen Dialog zwischen den Schauspielern Leslie Malton und Rudolf Kowalski.
Und außerdem kann ich, da der Name Gus Backus gefallen ist, auch an einen anderen Lieblingssong aus meiner Kindheit erinnern: "Da sprach der alte Häuptling der Indianer". Außer Gus tritt auch Heinz Erhardt kurz auf (da es sich offensichtlich um einen Ausschnitt aus einem seiner Filme handelt).
Wednesday, July 3, 2013
Monday, June 3, 2013
Der Raub der Unschuld
Vor 75 Jahren begann in Düsseldorf die Ausstellung "entartete Musik"
Es ist ein Anschlag auf das freie Geistesleben, wie er nur in einer Diktatur möglich ist: vorgeblich wissenschaftlich objektiv und aggressiv ideologisch, so durchdacht wie inkonsequent, raffiniert und dumm zugleich. Bei den Reichsmusiktagen in Düsseldorf wurde heute vor genau 75 Jahren die Ausstellung "Entartete Musik" eröffnet. Es ist der Moment, da der Musik die Unschuld geraubt wird. Organisator der Schandschau ist Hans Severus Ziegler, der sich das Konzept bei der Ausstellung "Entartete Kunst" (1937 in München) abguckte.
Zeichensetzung? - Darin sind die Nationalsozialisten geübt, das beherrschen sie. So ist es gewiss kein Zufall, dass die "Entartete Musik"-Ausstellung nur zwei Tage nach der 125. Wiederkehr des Geburtstags von Richard Wagner beginnt - jenes Richard Wagner, der in seiner Schrift "Das Judenthum in der Musik" die Grundzüge jenes Typus des Antisemitismus definiert, den die Nationalsozialisten ideologisch perfektionieren und der in letzter Konsequenz in die Gaskammern der Konzentrationslager führt.
Der Judenmord der Nationalsozialisten verläuft auf zwei Ebenen: jener der physischen Vernichtung und jener der geistigen Auslöschung. Der Jahrhunderte zurückreichende jüdische Beitrag zur deutschen Kultur soll als wertlos abgestempelt und der Vergessenheit überantwortet werden.
Doch das Unterfangen steht auf wackeligen Beinen. Längst haben sich die Errungenschaften jüdischer Künstler durchgesetzt und gehören zum festen Vokabular auch nicht-jüdischer. Selbst wenn es den Nationalsozialisten gelänge, etwa die Musik jüdischer Komponisten zu unterdrücken, würde die Erinnerung an sie fortleben im Werk ihrer nicht-jüdischen Nachfolger.
Um auch das zu unterbinden, bedarf es eines ideologischen Hilfsmittels. Der Begriff "entartet" kommt den Nationalsozialisten gerade recht: Er lügt objektive Wissenschaftlichkeit vor, es schwingt Krankheit, genauer: Erbkrankheit mit. Gefunden haben sie die Verbindung des Begriffs "entartet" mit Kunst und Kultur in den Schriften des jüdischen Arztes Max Nordau. Der Mitbegründer der Zionistischen Weltorganisation veröffentlichte 1892/1893 die beiden Bände "Entartung" und 1894 "Entartung und Genie". Nordau wendet darin den Begriff der Degeneration an auf die Werke etwa von Friedrich Nietzsche, Leo Tolstoi, Henrik Ibsen und Emile Zola - und auf die Richard Wagners. Adolf Hitler übernimmt zahlreiche Thesen Nordaus, tauscht aber die Zielpersonen aus. Nordau prophezeite in "Entartung" eine menschliche Katastrophe von nie gekanntem Ausmaß - sein Tod im Jahr 1923 bewahrte ihn davor mitzuerleben, in welchem Ausmaß er recht gehabt und Anteil daran hatte.
Was ist "entartet"?
Was genau sie unter "entarteter Musik" verstanden, konnten freilich auch die Nationalsozialisten nicht definieren. Da war zum Beispiel das Jazz-Problem. Der Jazz galt wahlweise als "Nigger-Jazz" (Jazz ausgesprochen, wohlgemerkt, als "Jatz") oder als "jüdisch", was von beidem er nun genau war, spielte keine Rolle, verpönt war schließlich beides.
Jazz - das bedeutet synkopierte, federnde Rhythmen. Kaum bediente sich nun ein Komponist solcher Rhythmen, stand er, selbst wenn es keine Jazz-Rhythmen waren, unter Jazz-Verdacht. So erschnüffelten linientreue Kritiker sogar in Carl Orffs "Carmina burana" Spuren des Verbotenen.
Der eigentliche diesbezügliche Sündenfall war die Oper "Jonny spielt auf" von Ernst Krenek: In ihr wird ein Schwarzafrikaner zum Protagonisten, die Oper selbst gestaltet Krenek als melancholischen Abgesang auf die Naturromantik, der er die grelle Lebensfreude US-amerikanischer Tanzrhythmen gegenüberstellt. "Jonny spielt auf" entwickelte sich zum Feindbild der Nationalsozialisten in einem solchen Ausmaß, dass sogar das Plakat zur "Entartete Musik"-Ausstellung auf die Oper des nicht-jüdischen Österreichers anspielt.
Die Schlager und Unterhaltungsmusik der Nationalsozialisten freilich klingen, als hätten sie just dieses Werk als Modell, und selbst der NS-Paradekomponist und "Lili Marlen"-Erzeuger Norbert Schultze besang die "Bomben auf Engeland" mit krenekscher Knorrigkeit.
Eine ähnliche Absurdität war der Fall des deutschen Komponisten Paul Hindemith. Seine klassizistische Musik stand in bester deutscher Tradition der handwerklichen Redlichkeit, er hatte am 17. Jänner 1936 einen freiwilligen Treueeid auf Hitler unterzeichnet und in seiner selbst getexteten Oper "Mathis der Maler" kommentiert eine Gestalt die darin vorkommende Bücherverbrennung mit den Worten: "Des Widerstandes Stahl härtet sich / Im Feuer, in Flammen glüht die neue Zeit", und Mathis selbst, immerhin der Sympathieträger der Oper, bezeichnet marodierende Unruhestifter, ganz in der Tiere und unliebsame Menschen gleichsetzenden Diktion der Nationalsozialisten, als "Menschenvieh".
Zwölftonmusik für Hitler
Allein - es half nichts. Hitler verzieh Hindemith nicht, dass er in seiner frühen Oper "Neues vom Tage" eine parodistische Koloraturarie in einer Badewanne hatte singen lassen - und Hindemith war "entartet". Der Hindemith-Nachahmer Harald Genzmer hingegen stand hoch im Kurs, und selbst die Bearbeitungen von Wehrmachts- und "neuheidnischen" Weihnachtsliedern, die der Österreicher (oder wohl eher bekennende Ostmärker) Cesar Bresgen anfertigte, orientierten sich an Hindemiths Musik für Jugendliche.
Inkonsequenzen allüberall: Dass die Nationalsozialisten etwa den jüdischen Komponisten Arnold Schönberg verboten und mit ihm die gesamte "jüdische Erfindung" der Zwölftontechnik, egal, ob ihre Anwender nun jüdische oder nicht-jüdische Komponisten waren, verstünde sich von selbst - wäre da nicht der Däne Paul von Klenau. Ihm gelang es, die Nationalsozialisten davon zu überzeugen, dass in seinen Opern die Zwölftontechnik eine Analogie zum Führerprinzip sei: Alles erscheine dem einen Gedanken untergeordnet. 1937 wird seine Oper "Rembrandt van Rijn" sogar an zwei Häusern gleichzeitig, in Berlin und Stuttgart, uraufgeführt.
Die Ausstellung "Entartete Musik" verfehlt übrigens ihr Ziel: Die meisten Besucher kommen, weil sie endlich wieder dank der akustischen Beispiele, die abschrecken sollen, jene Musik hören können, die ihnen die nationalsozialistische Diktatur vorenthält.
Zieglers Karriere war nach 1945 keineswegs völlig zu Ende: Er durfte sein Wissen an die Jugend weitergeben und unterrichtete am Gymnasium der Nordseeinsel Wangerooge die Fächer Deutsch und Englisch. Nach seiner Pensionierung zog er sich nach Bayreuth zurück und schrieb Bücher wie "Adolf Hitler aus dem Erleben dargestellt" und "Wer war Hitler?". Wie die Antwort darauf ausfällt, kann man erahnen, wenn man weiß, dass im solches veröffentlichenden Verlag auch Bücher wie "Amerikas Verantwortung für die Verbrechen am deutschen Volk" und "Das deutsche Volksgesicht" erscheinen.
Aber manche Karrieren setzen sich auch ohne Einbruch fort: Zum Abschluss der Reichsmusiktage 1938 dirigiert der deutsche Komponist Werner Egk die Uraufführung seiner Kantate "Natur-Liebe-Tod". Nach 1945 bleibt Egk lange Zeit einer der führenden Komponisten Deutschlands - gemessen an seiner Begabung zweifellos zu Recht. Und Begabung war ja noch nie Charaktersache, wie man spätestens seit Richard Wagner weiß.
Quelle: Edwin Baumgartner: Der Raub der Unschuld. Der untaugliche Versuch, eine Irrlehre durch Beispiele zu bestätigen. In: Wiener Zeitung vom 24. Mai 2013
English article?
--> A critical reconstruction of the Düsseldorf exhibition of 1938 by Albrecht Dümling and Peter Girth
Es ist ein Anschlag auf das freie Geistesleben, wie er nur in einer Diktatur möglich ist: vorgeblich wissenschaftlich objektiv und aggressiv ideologisch, so durchdacht wie inkonsequent, raffiniert und dumm zugleich. Bei den Reichsmusiktagen in Düsseldorf wurde heute vor genau 75 Jahren die Ausstellung "Entartete Musik" eröffnet. Es ist der Moment, da der Musik die Unschuld geraubt wird. Organisator der Schandschau ist Hans Severus Ziegler, der sich das Konzept bei der Ausstellung "Entartete Kunst" (1937 in München) abguckte.
Zeichensetzung? - Darin sind die Nationalsozialisten geübt, das beherrschen sie. So ist es gewiss kein Zufall, dass die "Entartete Musik"-Ausstellung nur zwei Tage nach der 125. Wiederkehr des Geburtstags von Richard Wagner beginnt - jenes Richard Wagner, der in seiner Schrift "Das Judenthum in der Musik" die Grundzüge jenes Typus des Antisemitismus definiert, den die Nationalsozialisten ideologisch perfektionieren und der in letzter Konsequenz in die Gaskammern der Konzentrationslager führt.
Der Judenmord der Nationalsozialisten verläuft auf zwei Ebenen: jener der physischen Vernichtung und jener der geistigen Auslöschung. Der Jahrhunderte zurückreichende jüdische Beitrag zur deutschen Kultur soll als wertlos abgestempelt und der Vergessenheit überantwortet werden.
Doch das Unterfangen steht auf wackeligen Beinen. Längst haben sich die Errungenschaften jüdischer Künstler durchgesetzt und gehören zum festen Vokabular auch nicht-jüdischer. Selbst wenn es den Nationalsozialisten gelänge, etwa die Musik jüdischer Komponisten zu unterdrücken, würde die Erinnerung an sie fortleben im Werk ihrer nicht-jüdischen Nachfolger.
Um auch das zu unterbinden, bedarf es eines ideologischen Hilfsmittels. Der Begriff "entartet" kommt den Nationalsozialisten gerade recht: Er lügt objektive Wissenschaftlichkeit vor, es schwingt Krankheit, genauer: Erbkrankheit mit. Gefunden haben sie die Verbindung des Begriffs "entartet" mit Kunst und Kultur in den Schriften des jüdischen Arztes Max Nordau. Der Mitbegründer der Zionistischen Weltorganisation veröffentlichte 1892/1893 die beiden Bände "Entartung" und 1894 "Entartung und Genie". Nordau wendet darin den Begriff der Degeneration an auf die Werke etwa von Friedrich Nietzsche, Leo Tolstoi, Henrik Ibsen und Emile Zola - und auf die Richard Wagners. Adolf Hitler übernimmt zahlreiche Thesen Nordaus, tauscht aber die Zielpersonen aus. Nordau prophezeite in "Entartung" eine menschliche Katastrophe von nie gekanntem Ausmaß - sein Tod im Jahr 1923 bewahrte ihn davor mitzuerleben, in welchem Ausmaß er recht gehabt und Anteil daran hatte.
Was ist "entartet"?
Was genau sie unter "entarteter Musik" verstanden, konnten freilich auch die Nationalsozialisten nicht definieren. Da war zum Beispiel das Jazz-Problem. Der Jazz galt wahlweise als "Nigger-Jazz" (Jazz ausgesprochen, wohlgemerkt, als "Jatz") oder als "jüdisch", was von beidem er nun genau war, spielte keine Rolle, verpönt war schließlich beides.
Jazz - das bedeutet synkopierte, federnde Rhythmen. Kaum bediente sich nun ein Komponist solcher Rhythmen, stand er, selbst wenn es keine Jazz-Rhythmen waren, unter Jazz-Verdacht. So erschnüffelten linientreue Kritiker sogar in Carl Orffs "Carmina burana" Spuren des Verbotenen.
Der eigentliche diesbezügliche Sündenfall war die Oper "Jonny spielt auf" von Ernst Krenek: In ihr wird ein Schwarzafrikaner zum Protagonisten, die Oper selbst gestaltet Krenek als melancholischen Abgesang auf die Naturromantik, der er die grelle Lebensfreude US-amerikanischer Tanzrhythmen gegenüberstellt. "Jonny spielt auf" entwickelte sich zum Feindbild der Nationalsozialisten in einem solchen Ausmaß, dass sogar das Plakat zur "Entartete Musik"-Ausstellung auf die Oper des nicht-jüdischen Österreichers anspielt.
Die Schlager und Unterhaltungsmusik der Nationalsozialisten freilich klingen, als hätten sie just dieses Werk als Modell, und selbst der NS-Paradekomponist und "Lili Marlen"-Erzeuger Norbert Schultze besang die "Bomben auf Engeland" mit krenekscher Knorrigkeit.
Eine ähnliche Absurdität war der Fall des deutschen Komponisten Paul Hindemith. Seine klassizistische Musik stand in bester deutscher Tradition der handwerklichen Redlichkeit, er hatte am 17. Jänner 1936 einen freiwilligen Treueeid auf Hitler unterzeichnet und in seiner selbst getexteten Oper "Mathis der Maler" kommentiert eine Gestalt die darin vorkommende Bücherverbrennung mit den Worten: "Des Widerstandes Stahl härtet sich / Im Feuer, in Flammen glüht die neue Zeit", und Mathis selbst, immerhin der Sympathieträger der Oper, bezeichnet marodierende Unruhestifter, ganz in der Tiere und unliebsame Menschen gleichsetzenden Diktion der Nationalsozialisten, als "Menschenvieh".
Zwölftonmusik für Hitler
Allein - es half nichts. Hitler verzieh Hindemith nicht, dass er in seiner frühen Oper "Neues vom Tage" eine parodistische Koloraturarie in einer Badewanne hatte singen lassen - und Hindemith war "entartet". Der Hindemith-Nachahmer Harald Genzmer hingegen stand hoch im Kurs, und selbst die Bearbeitungen von Wehrmachts- und "neuheidnischen" Weihnachtsliedern, die der Österreicher (oder wohl eher bekennende Ostmärker) Cesar Bresgen anfertigte, orientierten sich an Hindemiths Musik für Jugendliche.
Inkonsequenzen allüberall: Dass die Nationalsozialisten etwa den jüdischen Komponisten Arnold Schönberg verboten und mit ihm die gesamte "jüdische Erfindung" der Zwölftontechnik, egal, ob ihre Anwender nun jüdische oder nicht-jüdische Komponisten waren, verstünde sich von selbst - wäre da nicht der Däne Paul von Klenau. Ihm gelang es, die Nationalsozialisten davon zu überzeugen, dass in seinen Opern die Zwölftontechnik eine Analogie zum Führerprinzip sei: Alles erscheine dem einen Gedanken untergeordnet. 1937 wird seine Oper "Rembrandt van Rijn" sogar an zwei Häusern gleichzeitig, in Berlin und Stuttgart, uraufgeführt.
Die Ausstellung "Entartete Musik" verfehlt übrigens ihr Ziel: Die meisten Besucher kommen, weil sie endlich wieder dank der akustischen Beispiele, die abschrecken sollen, jene Musik hören können, die ihnen die nationalsozialistische Diktatur vorenthält.
Zieglers Karriere war nach 1945 keineswegs völlig zu Ende: Er durfte sein Wissen an die Jugend weitergeben und unterrichtete am Gymnasium der Nordseeinsel Wangerooge die Fächer Deutsch und Englisch. Nach seiner Pensionierung zog er sich nach Bayreuth zurück und schrieb Bücher wie "Adolf Hitler aus dem Erleben dargestellt" und "Wer war Hitler?". Wie die Antwort darauf ausfällt, kann man erahnen, wenn man weiß, dass im solches veröffentlichenden Verlag auch Bücher wie "Amerikas Verantwortung für die Verbrechen am deutschen Volk" und "Das deutsche Volksgesicht" erscheinen.
Aber manche Karrieren setzen sich auch ohne Einbruch fort: Zum Abschluss der Reichsmusiktage 1938 dirigiert der deutsche Komponist Werner Egk die Uraufführung seiner Kantate "Natur-Liebe-Tod". Nach 1945 bleibt Egk lange Zeit einer der führenden Komponisten Deutschlands - gemessen an seiner Begabung zweifellos zu Recht. Und Begabung war ja noch nie Charaktersache, wie man spätestens seit Richard Wagner weiß.
Quelle: Edwin Baumgartner: Der Raub der Unschuld. Der untaugliche Versuch, eine Irrlehre durch Beispiele zu bestätigen. In: Wiener Zeitung vom 24. Mai 2013
English article?
--> A critical reconstruction of the Düsseldorf exhibition of 1938 by Albrecht Dümling and Peter Girth
Monday, May 13, 2013
Faust - Pakt (Will Quadflieg, Gustaf Gründgens)
Faust (Johann Wolfgang von Goethe)
Will Quadflieg, Gustaf Gründgens
Deutsches Schauspielhaus Hamburg, 1960
Hochgeladen auf Youtube am 24.11.2008 von carlow11
Friday, March 8, 2013
I proudly present ...
I proudly present another 6 new blogs in my list of "public lossless (classical) music blogs". (there are 83 blogs currently listed).
As I already mentioned in all of my former posts: It’s for your convenience only. All figures and ciphers are very about. No harms intended.
As I already mentioned in all of my former posts: It’s for your convenience only. All figures and ciphers are very about. No harms intended.
Blog | Owner | Posts | Followers | Remarks |
Odeon | OdeonMusico | 2883 | 184 | "A kind of theater in ancient Greece in which poets and musicians submitted their works to the approval of the public." |
Net Classical | Public Library | 300 at least | unknown | May be browsed by flipcard, magazine, mosaic, and so on, as you like it |
John Bull's Circle of Sound | John Bull's Circle of Sound | 99 | 9 | Besides CDs, also LP and broadcasting rips |
Yayo Salva Clásicos II | Yayo Salva | 255 | 18 | "Música clásica en discos de vinilo" |
ARia CLaSsiCa | aria.d | 44 | unknown | The first of two blogs |
ARia CLaSsiCa CoMPiLaTioNs | aria.d | 18 | unknown | The other of two blogs |
Thursday, January 10, 2013
17 Jahre »UbuWeb«
Ohne sich um das Copyright zu kümmern, hat Kenneth Goldsmith das weltweit größte Online-Archiv für Avantgardekunst geschaffen.
Als der New Yorker Schriftsteller Kenneth Goldsmith vor Kurzem einen Vortrag in Berlin hielt, fasste er seine Kunstauffassung an einer Stelle recht bündig so zusammen: »Ein Künstler ist nicht jemand, der irgendein Gerät meisterhaft bedient. Ein Künstler ist jemand, der ein Gerät völlig falsch bedient und ein riesiges Chaos hinterlässt, das die Menschen dann wieder aufräumen müssen.« Wenn man sich sein bisheriges Werk anschaut, kann man sagen, dass Goldsmith diesem Ansatz treu geblieben ist, vor allem, seit Mitte der Neunziger:
1996 gründete Goldsmith »UbuWeb«, eine Online-Plattform benannt nach Alfred Jarrys proto-surrealistischem Stück »Ubu Roi«, die allerlei Arbeiten der internationalen Avantgarde ins Internet stellt. Mittlerweile ist die Sammlung nahezu unüberschaubar: Auf ubu.com gibt es frühe Kurzfilme von Orson Welles, Lesungsmitschnitte von William S. Burroughs, Kriegskalligramme von Guillaume Apollinaire, Telefoninterviews mit Bob Dylan, Videoaufzeichnungen von Tanzabenden von Sasha Waltz, das Lesungsmanuskript einer Kurzgeschichte von Alain Robbe-Grillet und vieles, wirklich sehr vieles mehr. Wenn man sich erst einmal eingeklickt hat, ist die Nacht schnell vorbei. Man hangelt sich von Entdeckung zu Entdeckung. Kenneth Goldsmith und seine Mitstreiter, die zumeist an geisteswissenschaftlichen Instituten amerikanischer Universitäten arbeiten, laden bei UbuWeb alles hoch, was ihnen irgendwie in die Finger kommt und interessant erscheint.
Das Erstaunliche dabei ist, dass es UbuWeb überhaupt noch gibt. Während weltweit illegale Tauschseiten der Reihe nach abgeschaltet werden und die Betreiber vor Gericht landen, hat es bei UbuWeb, das nun immerhin seit bald 17 Jahren online ist, noch so gut wie keine Löschanfrage gegeben. Die wenigen Dateien, deren Rechteinhaber sich melden, werden geräuschlos entfernt. Während die Betreiber von kino.to und Megaupload prominent zu Haftstrafen und Schadensersatz verurteilt werden, wächst UbuWeb kontinuierlich und ist heute das mit großem Abstand umfangreichste Archiv für progressives Denken und künstlerisches Schaffen im Internet.
Wie ist das möglich? Eine befriedigende Erklärung hat Kenneth Goldsmith selbst nicht. Es melde sich einfach niemand, der durch UbuWeb seine Urheberrechte verletzt sehe. Und auch von einer staatlichen Strafverfolgung sei ihm noch nichts zu Ohren gekommen. Dabei versteckt sich UbuWeb nicht: Man braucht für den Zugang zur Seite kein Passwort, UbuWeb wirbt mit einem eigenen Twitter-Kanal für die neuesten Uploads, jeder hat zu jedem Zeitpunkt Zugriff auf das Archiv. Ein Problem scheint damit niemand zu haben. Die Erfahrungen zeigten sogar im Gegenteil, sagt Goldsmith, dass die meisten Künstler eher dankbar seien, wenn ihre Arbeiten bei UbuWeb hochgeladen werden, obwohl das nicht einmal als Anerkennung zu verstehen ist. Denn dort landet alles, was formal irgendwie interessant ist. Zeitgenössische Arbeiten müssen nicht unbedingt gelungen sein, um bei UbuWeb hochgeladen zu werden, nur ambitioniert. Außerdem verstehen sich die UbuWeb-Macher nicht als Jury, die ein Qualitätsurteil fällt, sondern als Kunstfreunde, die so viel Material digital verfügbar machen wollen, wie nur irgend möglich. Goldsmith glaubt, dass es deswegen keinen Kläger gibt, weil UbuWeb ausschließlich Arbeiten mit avantgardistischem Anspruch digitalisiert und auf kommerziell interessanten Mainstream vollständig verzichtet: All diese komplizierten Filme, Audiodateien und Texte würde auf dem freien Markt kaum jemand umsonst nehmen, geschweige denn kaufen.
Deshalb verliert niemand Geld, obwohl UbuWeb vor kunstgeschichtlich wertvollen Arbeiten nur so strotzt. Ihr formaler Ernst macht sie für den Markt ziemlich uninteressant. Weil die Seite außerdem kostenlos nutzbar ist, nichts verkauft und keine Werbung schaltet, macht sie, anders als die gemeinen Tauschbörsen, die mit Anzeigen Geld verdienen, keinen Profit. Kostet aber auch nichts: »Wir bezahlen nur für die Domain und den Speicherplatz. Das sind vielleicht 50 Dollar im Jahr«, so Goldsmith. Gleichzeitig gibt sich das Projekt keinen politischen Anstrich oder behauptet, etwa gegen den Kapitalismus zu kämpfen. Wer Rechte an einer Arbeit hat, die bei UbuWeb hochgeladen wurde, schreibt einfach eine Mail, und das Material wird entfernt. »Auf keinen Fall möchten wir Geld von Künstlern oder Herausgebern der Avantgarde stehlen, die noch Sachen herausbringen, die normalerweise wenig gekauft würden«, ist in der Charta von UbuWeb zu lesen. Und weiter: »UbuWeb fungiert sozusagen als Verteilungszentrum von schwer auffindbaren, oft vergriffenen und unbekannten Sachen, die digital ins Web gestellt werden. Wenn wir zum Beispiel ein konkretes historisches Gedicht einscannen, vermindert das den Wert der dinghaften Form des Gedichts nicht.« Trotzdem ist man vorsichtig: UbuWeb fordert seine Nutzer auf, so viel Material wie möglich von der Seite herunterzuladen und auf der eigenen Festplatte zu hinterlegen. UbuWeb speichert vieles, das Fans extra für die Seite von VHS-Kassetten oder Schellack-Platten digitalisieren. Sollte die Seite doch einmal geschlossen und sollten die Server beschlagnahmt werden, wäre diese Arbeit möglicherweise für immer verloren.
Vielleicht wird UbuWeb auch deshalb in Ruhe gelassen: Kenneth Goldsmith und seine Mitstreiter archivieren dort das kulturelle Erbe des industriellen Zeitalters und leisten damit eine Arbeit, für die im Zweifelsfall der Staat verantwortlich wäre. Und für die er viel Geld aufbringen müsste.
Quelle: Felix Stephan: König Unbezahlbar. In: Die Welt kompakt, 10.01.2013
Als der New Yorker Schriftsteller Kenneth Goldsmith vor Kurzem einen Vortrag in Berlin hielt, fasste er seine Kunstauffassung an einer Stelle recht bündig so zusammen: »Ein Künstler ist nicht jemand, der irgendein Gerät meisterhaft bedient. Ein Künstler ist jemand, der ein Gerät völlig falsch bedient und ein riesiges Chaos hinterlässt, das die Menschen dann wieder aufräumen müssen.« Wenn man sich sein bisheriges Werk anschaut, kann man sagen, dass Goldsmith diesem Ansatz treu geblieben ist, vor allem, seit Mitte der Neunziger:
1996 gründete Goldsmith »UbuWeb«, eine Online-Plattform benannt nach Alfred Jarrys proto-surrealistischem Stück »Ubu Roi«, die allerlei Arbeiten der internationalen Avantgarde ins Internet stellt. Mittlerweile ist die Sammlung nahezu unüberschaubar: Auf ubu.com gibt es frühe Kurzfilme von Orson Welles, Lesungsmitschnitte von William S. Burroughs, Kriegskalligramme von Guillaume Apollinaire, Telefoninterviews mit Bob Dylan, Videoaufzeichnungen von Tanzabenden von Sasha Waltz, das Lesungsmanuskript einer Kurzgeschichte von Alain Robbe-Grillet und vieles, wirklich sehr vieles mehr. Wenn man sich erst einmal eingeklickt hat, ist die Nacht schnell vorbei. Man hangelt sich von Entdeckung zu Entdeckung. Kenneth Goldsmith und seine Mitstreiter, die zumeist an geisteswissenschaftlichen Instituten amerikanischer Universitäten arbeiten, laden bei UbuWeb alles hoch, was ihnen irgendwie in die Finger kommt und interessant erscheint.
Das Erstaunliche dabei ist, dass es UbuWeb überhaupt noch gibt. Während weltweit illegale Tauschseiten der Reihe nach abgeschaltet werden und die Betreiber vor Gericht landen, hat es bei UbuWeb, das nun immerhin seit bald 17 Jahren online ist, noch so gut wie keine Löschanfrage gegeben. Die wenigen Dateien, deren Rechteinhaber sich melden, werden geräuschlos entfernt. Während die Betreiber von kino.to und Megaupload prominent zu Haftstrafen und Schadensersatz verurteilt werden, wächst UbuWeb kontinuierlich und ist heute das mit großem Abstand umfangreichste Archiv für progressives Denken und künstlerisches Schaffen im Internet.
Wie ist das möglich? Eine befriedigende Erklärung hat Kenneth Goldsmith selbst nicht. Es melde sich einfach niemand, der durch UbuWeb seine Urheberrechte verletzt sehe. Und auch von einer staatlichen Strafverfolgung sei ihm noch nichts zu Ohren gekommen. Dabei versteckt sich UbuWeb nicht: Man braucht für den Zugang zur Seite kein Passwort, UbuWeb wirbt mit einem eigenen Twitter-Kanal für die neuesten Uploads, jeder hat zu jedem Zeitpunkt Zugriff auf das Archiv. Ein Problem scheint damit niemand zu haben. Die Erfahrungen zeigten sogar im Gegenteil, sagt Goldsmith, dass die meisten Künstler eher dankbar seien, wenn ihre Arbeiten bei UbuWeb hochgeladen werden, obwohl das nicht einmal als Anerkennung zu verstehen ist. Denn dort landet alles, was formal irgendwie interessant ist. Zeitgenössische Arbeiten müssen nicht unbedingt gelungen sein, um bei UbuWeb hochgeladen zu werden, nur ambitioniert. Außerdem verstehen sich die UbuWeb-Macher nicht als Jury, die ein Qualitätsurteil fällt, sondern als Kunstfreunde, die so viel Material digital verfügbar machen wollen, wie nur irgend möglich. Goldsmith glaubt, dass es deswegen keinen Kläger gibt, weil UbuWeb ausschließlich Arbeiten mit avantgardistischem Anspruch digitalisiert und auf kommerziell interessanten Mainstream vollständig verzichtet: All diese komplizierten Filme, Audiodateien und Texte würde auf dem freien Markt kaum jemand umsonst nehmen, geschweige denn kaufen.
Deshalb verliert niemand Geld, obwohl UbuWeb vor kunstgeschichtlich wertvollen Arbeiten nur so strotzt. Ihr formaler Ernst macht sie für den Markt ziemlich uninteressant. Weil die Seite außerdem kostenlos nutzbar ist, nichts verkauft und keine Werbung schaltet, macht sie, anders als die gemeinen Tauschbörsen, die mit Anzeigen Geld verdienen, keinen Profit. Kostet aber auch nichts: »Wir bezahlen nur für die Domain und den Speicherplatz. Das sind vielleicht 50 Dollar im Jahr«, so Goldsmith. Gleichzeitig gibt sich das Projekt keinen politischen Anstrich oder behauptet, etwa gegen den Kapitalismus zu kämpfen. Wer Rechte an einer Arbeit hat, die bei UbuWeb hochgeladen wurde, schreibt einfach eine Mail, und das Material wird entfernt. »Auf keinen Fall möchten wir Geld von Künstlern oder Herausgebern der Avantgarde stehlen, die noch Sachen herausbringen, die normalerweise wenig gekauft würden«, ist in der Charta von UbuWeb zu lesen. Und weiter: »UbuWeb fungiert sozusagen als Verteilungszentrum von schwer auffindbaren, oft vergriffenen und unbekannten Sachen, die digital ins Web gestellt werden. Wenn wir zum Beispiel ein konkretes historisches Gedicht einscannen, vermindert das den Wert der dinghaften Form des Gedichts nicht.« Trotzdem ist man vorsichtig: UbuWeb fordert seine Nutzer auf, so viel Material wie möglich von der Seite herunterzuladen und auf der eigenen Festplatte zu hinterlegen. UbuWeb speichert vieles, das Fans extra für die Seite von VHS-Kassetten oder Schellack-Platten digitalisieren. Sollte die Seite doch einmal geschlossen und sollten die Server beschlagnahmt werden, wäre diese Arbeit möglicherweise für immer verloren.
Vielleicht wird UbuWeb auch deshalb in Ruhe gelassen: Kenneth Goldsmith und seine Mitstreiter archivieren dort das kulturelle Erbe des industriellen Zeitalters und leisten damit eine Arbeit, für die im Zweifelsfall der Staat verantwortlich wäre. Und für die er viel Geld aufbringen müsste.
Quelle: Felix Stephan: König Unbezahlbar. In: Die Welt kompakt, 10.01.2013
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